Management

Eine für alle. Warum die Norm 45001:2018 von der Werkbank bis zum Schreibtisch relevant ist

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Claudia Furger

Lesedauer

ca. 3 Minuten

Viele denken, die ISO 45001 zu Managementsystemen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit sei nur für grosse Industrie- und Bauunternehmen. Dies, weil Unternehmen in diesen Branchen häufig mit schweren Maschinen und gefährlichen Stoffen arbeiten und Mitarbeitende oft auf Baustellen im Einsatz sind. Entsprechend hoch ist das Risiko für Unfälle und arbeitsbedingte Erkrankungen.

Eric Schütz, SQS-Lead Auditor, erklärt, warum aber gerade auch Organisationen aus Dienstleistung und Verwaltung von klaren Strukturen, gelebtem Arbeitsschutz und einem systematischen Gesundheitsmanagement profitieren. 

Interview: Claudia Furger

Herr Schütz, viele denken bei ISO 45001 an Schutzbrillen und Helme. Warum ist die Norm auch im Dienstleistungssektor ein wichtiges Thema? 

Das ist tatsächlich ein weitverbreitetes Missverständnis. Natürlich ist der Ursprung der ISO 45001 im klassischen Arbeitsschutz zu finden – etwa in Industriebetrieben oder auf Baustellen, wo mit Maschinen oder gefährlichen Stoffen gearbeitet wird. Aber die Grundprinzipien der Norm lassen sich auf jede Branche übertragen. Denn Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz sind nicht exklusiv physischer Natur. 

In Verwaltungen und Dienstleistungsorganisationen sehen wir andere, aber nicht weniger relevante Risiken wie psychische Belastungen durch hohen Termindruck, lange Bildschirmarbeitszeiten oder ständige Erreichbarkeit. Auch das soziale Miteinander, unklare Rollenverteilungen oder fehlende Rückzugsmöglichkeiten können die Gesundheit beeinträchtigen. Die ISO 45001 bietet ein strukturiertes Rahmenwerk, um genau solche Themen frühzeitig zu erkennen, präventiv zu handeln und die Gesundheit ganzheitlich zu fördern – unabhängig davon, ob jemand am Schreibtisch oder auf dem Gerüst arbeitet. 

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Zur Person

Eric Schütz, SQS-Lead Auditor, SQS-Produkteverantwortlicher Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit 

Was sind denn typische «Büro-Risiken», die durch ein 45001-Managementsystem erkannt und minimiert werden können? 

Viele dieser Risiken sind im Alltag kaum sichtbar und genau das macht sie gefährlich. Ein klassisches Beispiel ist die psychische Belastung durch ständige Erreichbarkeit, Multitasking oder den Druck, immer «performen» zu müssen. Auch ergonomische Faktoren wie ungünstige Sitzhaltungen, schlechte Lichtverhältnisse oder mangelnde Bewegung haben langfristig gesundheitliche Folgen. Hinzu kommen organisatorische Themen: Wer ist wofür verantwortlich? Gibt es klare Prozesse? Werden Mitarbeitende in Entscheidungen einbezogen? All das beeinflusst das Sicherheits- und Gesundheitsgefühl am Arbeitsplatz. ISO 45001 fordert, diese Faktoren systematisch zu betrachten. Die Norm hilft, Zuständigkeiten zu klären, Risiken zu bewerten, Massnahmen abzuleiten und sie in die alltägliche Praxis zu integrieren. Besonders wichtig ist dabei die Beteiligung der Mitarbeitenden. Wer in Entscheidungen eingebunden ist, erlebt Wertschätzung und das ist ein entscheidender Faktor für mentale Gesundheit. Das Managementsystem wird so zum Motor für eine gesunde, resiliente Arbeitskultur.

 

Quelle: Gesundheitsförderung Schweiz, Job-Stress-Index 2022 

 

Viele Unternehmen fragen sich: Lohnt sich der Aufwand für uns?

Ja, ganz klar. Natürlich bedeutet die Einführung eines Managementsystems immer auch eine gewisse Anfangsinvestition – sei es zeitlich, organisatorisch oder finanziell. Aber der Nutzen überwiegt bei Weitem. Unternehmen, die ISO 45001 systematisch umsetzen, berichten nicht nur von weniger krankheitsbedingten Ausfällen, sondern auch von höherer Motivation, besserer Zusammenarbeit und einem gestärkten Verantwortungsbewusstsein. Ausserdem zahlt sich ein systematisches Gesundheits- und Sicherheitsmanagement auch in der Aussenwirkung aus. Gerade in Zeiten von Fachkräftemangel und «Employer Branding» ist es ein starkes Signal: Wir kümmern uns um unsere Mitarbeitenden. Das schafft Vertrauen bei Beschäftigten, Bewerbenden und auch bei Kundinnen und Kunden. Nicht zuletzt bringt ein solches System auch mehr Stabilität im Betrieb. Wer potenzielle Belastungen früh erkennt und gezielt gegensteuert, ist weniger anfällig für unerwartete Ausfälle oder Konflikte. Und das macht die Organisation nicht nur gesünder, sondern auch leistungsfähiger. 

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