Management, International anerkannt

SQS in den USA: Stadler setzt auf Schweizer Zertifizierung jenseits des Atlantiks

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Claudia Furger

Veröffentlicht am: 13.11.2025

Lesedauer

ca. 5 Minuten

Stadler steht für höchste Qualität auf Schienen. Das gilt auch für den US-Standort in Salt Lake City. Dort entscheidet sich das Unternehmen bewusst für eine Zertifizierung durch die Schweizerische Vereinigung für Qualitäts- und Management-Systeme (SQS). Dies obwohl über 8'000 Kilometer zwischen dem Werk in Utah und der SQS-Geschäftsstelle in Bern liegen. Ein Entscheid, der die enge Verbindung zur Schweizer Herkunft und den hohen Qualitätsanspruch unterstreicht. 

Seit über 80 Jahren baut Stadler Züge. Heute ist das Unternehmen mit Produktionswerken, Engineering-Standorten und Servicezentren in 25 Ländern vertreten, darunter auch in Nordamerika, wo es 2015 Fuss fasst. Und zwar dank eines Auftrags aus Texas: Die Fort Worth Transportation Authority bestellt acht dieselelektrische Niederflurzüge für die neue TEXRail-Linie, eine knapp 45 Kilometer lange Strecke zwischen der Stadt Fort Worth und dem Dallas/Fort Worth International Airport.

Da es sich um ein öffentlich finanziertes Projekt handelt, greift der sogenannte «Buy America Act». Er schreibt vor, dass mindestens 70 Prozent der Wertschöpfung nachweislich in den Vereinigten Staaten erzeugt werden. Stadler reagiert entsprechend. Das Unternehmen mietet ein ehemaliges Werk der Union Pacific in Salt Lake City und baut parallel dazu auf einem 62 Hektar grossen Areal eine neue Produktionsanlage. 

 

Bahnpioniere mit Weitblick

Dieses neue Stadler-Werk nimmt im Mai 2019 den Betrieb auf und setzt damit ein deutliches strategisches Zeichen: näher am Markt, näher an den Kunden. Dabei werden vor Ort hauptsächlich Montagearbeiten durchgeführt. Das heisst: Bauteile aus Nordamerika und Europa werden angeliefert und verbaut. Eine eigene Fertigungsanlage ist aber in Planung, um Rohwagenkästen direkt im Werk zu schweissen.

Stadler Werk salt lake city

Stadler Werk in Salt Lake City, Utah 
Bild: zvg

Die Investition ist das neue Werk zahlt sich rasch aus. Stadler etabliert sich als verlässlicher Partner in der US-amerikanischen Bahnindustrie, gewinnt laufend neue Aufträge und wächst kontinuierlich. Heute arbeiten über 500 Mitarbeitende in Utah. Sie bauen Züge, die quer durchs Land rollen und dabei amerikanische Mobilitätsbedürfnisse mit Schweizer Präzision verbinden. 

 

Standards, die bewegen: IRIS als Wettbewerbsvorteil

«Um diesen Qualitätsanspruch abzusichern, liessen wir unsere Division im Frühling 2025 nach dem IRIS Certification-Standard zertifizieren», sagt Michael Delgado, Leiter für Qualität und Umwelt und seit 2016 Teil des US-Teams. Der Standard basiert auf der internationalen Norm ISO 22163:2023, die speziell auf die Anforderungen der Bahnindustrie zugeschnitten ist. Der IRIS-Standard enthält aber noch weitere bahnspezifische Anforderungen sowie ein Bewertungssystem zur kontinuierlichen Verbesserung. 

«Die Zertifizierung ist ein strategisch wichtiger Meilenstein», sagt Delgado. Denn der nordamerikanische Bahnmarkt zieht an. Aber er fordert auch: mehr Effizienz, mehr Flexibilität, kein Spielraum für Fehler. Stadler US reagiert darauf und setzt als eines der ersten Unternehmen in Nordamerika den internationalen Qualitätsstandard umfassend um. «Unsere Kundinnen und Kunden erwarten massgeschneiderte Lösungen, schnelle Reaktionen und das alles unter wachsendem Kostendruck. IRIS hilft uns, genau dort besser zu werden.» Ein entscheidender Vorteil in einem anspruchsvollen Marktumfeld also. 

 

Vertrauen über den Atlantik hinweg

Auffallend ist dabei, dass die Zertifizierung des US-Standorts die Schweizerische Vereinigung für Qualitäts- und Management-Systeme (SQS) durchführt. Auch wenn zwischen dem Werk in Salt Lake City und der SQS-Geschäftsstelle in Bern 8'000 Kilometer Distanz mitsamt einem Weltmeer liegen. «Natürlich stellt einem die räumliche Distanz vor organisatorische Herausforderungen», sagt der Qualitätsleiter. Etwa bei Abstimmungen, Schulungen oder Audits. Doch diese könne man durch digitale Formate, zweisprachige Dokumentationen und interkulturelle Sensibilisierung erfolgreich meistern. Entscheidend sei vielmehr: Beide Partner arbeiten nicht nur fachkompetent, sondern auch werteorientiert zusammen. 

«Die SQS bringt eine umfassende Expertise im Bereich des IRIS-Standards und der ISO-Norm 22163 mit», sagt Michael Delgado. Sie teile aber auch die Denkweise und den hohen Qualitätsanspruch und kenne die Firmenkultur und Arbeitsweise von Stadler. «Präzision, Verlässlichkeit und ein sachlicher, respektvoller Kommunikationsstil – das sind Werte, die die SQS lebt und die auch für Stadler US zentral sind», so Michael Delgado. Stadler und die SQS verbindet dabei eine langjährige Partnerschaft, die sich an zahlreichen Schweizer und internationalen Standorten bewährt hat. Diese gewachsene Vertrauensbasis sowie das gemeinsame Verständnis von Qualität bilden die Grundlage, um auch in Nordamerika effektiv zusammenzuarbeiten.

Stadler Portrait M.Delgado

Michael Delgado ist Leiter für Qualität und Umwelt und seit 2016 Teil des Stadler US-Teams in Salt Lake City.

HAI-PV

Fatih Haciismailogullari ist Auditor und Produktverantwortlicher bei der SQS. Er hat den Zertifizierungsprozess bei Stadler US persönlich begleitet.

Kundennähe und kulturelles Verständnis als Mehrwert im Zertifizierungsprozess

Diese Einschätzung teilt auch Fatih Haciismailogullari, Auditor und Produktverantwortlicher bei der SQS. Er hat den Zertifizierungsprozess bei Stadler US persönlich begleitet. «Wir konzentrieren uns auf unsere Kundinnen und Kunden im Heimmarkt Schweiz. Begleiten sie aber, wo sinnvoll und gewünscht, auch an ihre internationalen Standorte.» So schaffe man einen Mehrwert, weil man neben der Normkompetenz auch ein Verständnis für die Unternehmenskultur mitbringe, so der Auditor.

Im Fall von Stadler US zeigt sich Haciismailogullari besonders beeindruckt von der Entwicklung des Standorts in Salt Lake City. Und das sowohl in fachlicher als auch in kultureller Hinsicht. «Als Auditor mit Kenntnis der Stadler-DNA ist es spannend zu sehen, wie die Schweizer Unternehmenskultur erfolgreich in ein nordamerikanisches Umfeld übertragen wird», so Haciismailogullari. Stadler hat es geschafft, die Stärken beider Kulturkreise zu vereinen und Synergien aus anderen Werken gezielt zu nutzen. Gleichzeitig hat der Standort noch viel Potenzial und Pläne für die nächsten Entwicklungsschritte sind bereits in Arbeit, sagt Haciismailogullari.

 

Engagement und Zusammenarbeit als Schlüssel zum erfolgreichen Audit

Auch der Ablauf des Audits selbst verläuft aus Sicht des Auditors professionell. «Die Vorbereitung war sorgfältig, und das Engagement des US-Teams durchgehend hoch», so Haciismailogullari. Bereits in der Offertphase baut man einen lösungsorientierten Dialog auf, der über den gesamten Zertifizierungsprozess hinweg fortgeführt wird. Vor dem Audit wird zudem ein sogenanntes «Readiness Review» durchgeführt, das mögliche Schwachstellen frühzeitig aufdeckt. Überraschungen während des Audits? Fehlanzeige. «Die Teilnehmenden zeigten ein beeindruckendes Verständnis für die Anforderungen der Norm», so der Auditor. Aber das allein reicht nicht. «Entscheidend ist, dass die Organisation die Anforderungen nicht nur in Prozessen und Dokumenten abbildet, sondern sie im Alltag auch wirklich lebt», so der Auditor. Bei Stadler US sei dies deutlich spürbar. Durch die enge Zusammenarbeit mit den europäischen Standorten, vor allem mit der Schweiz, sei ein starkes Bewusstsein für die Prozesse und deren Bedeutung entstanden. «Das hat sich im Audit mehrfach gezeigt und war ein wesentlicher Grund für den erfolgreichen Abschluss.»

Für ihn als Auditor steht deshalb fest: Die Zertifizierung ist mehr als ein formaler Nachweis. Sie steht für gelebte Werte in Produktion, Organisation und Partnerschaft. Und sie zeigt: Schweizer Qualität kennt keine Grenzen. Auch nicht auf amerikanischen Schienen.

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